Senin, 14 April 2014

PDF-Bücher Fast alles, was Recht ist: Jura für Nicht-Juristen

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Fast alles, was Recht ist: Jura für Nicht-Juristen

Leseprobe. Abdruck erfolgt mit freundlicher Genehmigung der Rechteinhaber. Alle Rechte vorbehalten. Alle Sprachgewalt geht vom Volke aus "Der Begriff Tier im Sinne dieser Verordnung umfasst lebende und tote Tiere, ihre ohne Weiteres erkennbaren Teile, ohne Weiteres aus ihnen gewonnenen Erzeugnissen sowie ihre Eier, sonstigen Entwicklungsformen und Nester." Das ist einer jener Texte, die ab und zu durch die Presse gehen als Beispiel juristischer Sprachkunst. Diesmal die Wildschutzverordnung vom Oktober 1985. Auf die sich dann jemand den Vers gemacht hat: Quäle nie ein Nest zum Scherz, denn es fühlt wie du den Schmerz. Solche Parodien zeigen, dass es ein allgemeines Unbehagen gibt gegenüber dem, was Juristen schreiben. Man liest es ungern, auch schon deshalb, weil man es meistens kaum verstehen kann. Ein allgemeines Unbehagen, hinter dem manche Probleme stehen. Formuliert man es etwas vereinfacht, dann kann man schon sagen, dass Recht im wesentlichen Sprache ist. Im Bewusstsein von Juristen, zumindest in ihrer täglichen Arbeit, im inneren Bereich also, und auch in ihrem Auftreten nach außen, dem Bürger gegenüber. Recht ist immer Sprache. Gesetze, Urteile, juristische Gutachten und juristische Literatur, es ist nichts anderes als Sprache, manchmal gesprochen, meistens geschrieben. Es ist eine Sprache, die sich allerdings in besonderer Weise entwickelt hat. So, wie es auch in anderen Spezialbereichen unserer arbeitsteiligen Gesellschaft geschehen ist, in den Natur- oder Geisteswissenschaften, in der Medizin oder Technik. Es ist eine Fachsprache. Und jede Fachsprache hat ihre Probleme, zum Beispiel die Unverständlichkeit für diejenigen, die außerhalb stehen. Irgendjemand hat das mal für die Philosophie formuliert und gesagt, sie sei die Kunst, mit Worten, die niemand versteht, etwas zu sagen, was jeder weiß. Was für die Philosophie richtig sein mag, auf anderen Gebieten aber durchaus auch noch den Grund hat, dass man eben komplizierte Probleme leichter in einer hochentwickelten Fachsprache in den Griff bekommt, sie vielleicht manchmal mit der normalen Umgangssprache überhaupt nicht lösen kann, wie zum Beispiel in den Naturwissenschaften und in der Technik. Ist aber das Problem dort eher ein rein technisches, so hat es im Recht gleichzeitig eine außerordentlich wichtige politische Bedeutung. Recht ist die Gesamtheit der staatlichen und gesellschaftlichen Ordnung. Es wird vom Staat produziert, von den drei Staatsgewalten, vom Parlament, der Regierung und den Gerichten. Hier gilt der Satz, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht, das allgemeine Prinzip jeder Demokratie. Das Volk bestimmt in Wahlen das Parlament und damit auch die Regierung, letztlich auch die Gerichte, denn die Richter werden von der Regierung ernannt, manchmal vom Parlament gewählt. Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes: "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt." Wenn das Volk nun in Wahlen diejenigen bestimmt, die den Staat bilden, dann geschieht das auch im Hinblick darauf, wie die Ordnung bisher ausgesehen hat und wie sie künftig sein soll, also auch und in erster Linie im Hinblick auf die Gestaltung von Recht. Deshalb muss das Volk darüber informiert sein. Und Information wiederum setzt Öffentlichkeit voraus. Öffentlichkeit bedeutet Durchsichtigkeit staatlichen Handelns, Transparenz. Die aber fehlt, wenn staatliches Handeln, also Handeln von Parlament, Regierung und Gerichten, in einer Sprache stattfindet, die der normale Bürger, der Wähler, nicht verstehen kann. Das Prinzip von Demokratie, von Öffentlichkeit und Kontrolle, muss dann versagen. Deshalb ist es schon etwas anderes, ob man die technische Anleitung für eine komplizierte Maschine nicht verstehen kann oder ob es sich um Gesetze des Parlaments und Urteile von Gerichten handelt. Auch noch in einer anderen Beziehung ist sie etwas Besonderes, die Sprache des Rechts. Denn hinter ihr steht das Gewaltmonopol des Staates. Was da gesagt wird, das ist nicht irgendetwas, über das man so oder so räsonieren kann. Wenn ein Gesetz oder ein Gericht dieses oder jenes sagt, dann steht dahinter die gesamte Staatsgewalt auch im Sinne von physischem Zwang, nämlich der jungen Männer bei der Polizei, der vielleicht etwas älteren Gerichtsvollzieher oder der abschließenden Funktion unserer Haftanstalten. There is plenty of law at the end of a nightstick, sagen amerikanische Ganoven. Da ist viel Recht am Ende eines Gummiknüppels. Im Übrigen gibt es bei Fachsprachen nicht nur das Problem der Unverständlichkeit. Im Recht sind es noch zwei andere, nämlich das der Ungenauigkeit und der Ideologie. Sodass wir uns also mit dreien herumschlagen müssen. Erstens: Die Sprache der Juristen ist ungenau. Zweitens: Sie ist unverständlich. Drittens: Sie ist ideologisch. Das ist in dieser Reihenfolge formuliert, weil es die Beteiligten zunächst jeweils allein und dann gemeinsam trifft. Das erste, die Ungenauigkeit, ist ein Problem der Juristen. Kein Gesetz kann so präzise formuliert werden, dass alle Streitfälle, die später auftauchen, mühelos in dem einen oder anderen Sinn gelöst werden können. Das zweite, die Unverständlichkeit, ist ein Problem des Rechts unkundigen Bürgers, der die Juristen regelmäßig gerade dann nicht verstehen kann, wenn sie sich besonders genau ausdrücken. Das dritte, das ideologische, ist ein Problem für beide, für Juristen und Nichtjuristen. Es bedeutet, dass weder die einen noch die anderen wirklich verstehen, worum es in den wichtigen Fragen des Rechts geht, und zwar meistens sogar dann, wenn sie für alle klar und verständlich formuliert sind. Dazu zum Schluss. Zuerst zum Problem der Unverständlichkeit. Es gibt ein Gesetz, das ganz allgemein den Aufbau und die Zuständigkeit von Zivil- und Strafgerichten regelt. Es ist sozusagen die Verfassung dieser Gerichte. Deshalb heißt es Gerichtsverfassungsgesetz. In ihm heißt es in § 184: "Die Gerichtssprache ist deutsch." Ein großes Wort, nicht wahr? Denn jeder sollte doch Deutsch verstehen. Aber das Deutsch, das dort gesprochen wird? Dabei soll dieser § 184 durchaus nicht nur technisch den Grundsatz bezeichnen, dass man dort nicht einfach ohne Dolmetscher englisch oder französisch sprechen darf. Er hat auch noch den aufklärerischen Klang von Öffentlichkeit, Information und demokratischer Kontrolle. Das sieht man deutlich fünfzehn Paragrafen vorher, in § 169 dieses Gesetzes: "Die Verhandlung vor dem erkennenden Gericht einschließlich der Verkündung der Urteile und Beschlüsse ist öffentlich." Sehen wir uns also mal etwas genauer an, wie es mit dieser demokratischen Öffentlichkeit bestellt ist. Man muss dabei ja auch etwas verstehen können. Aber das ist kaum möglich. Denn dort wird eine andere Sprache gesprochen als Deutsch: die Sprache der Juristen. Sie zeichnet sich aus durch hohe Abstraktion, wenig Anschaulichkeit, eigene Begriffe, umständlichen Stil mit langen Sätzen, Verschachtelungen und vielen Substantiven.Gebundene Ausgabe=430 Seiten. Verlag=Eichborn; Auflage: HC, SU (September 2007). Sprache=Deutsch. ISBN-10=3821847492. ISBN-13=978-3821847498. Größe und/oder Gewicht=13,4 x 3,9 x 22 cm. Durchschnittliche Kundenbewertung=4.7 von 5 Sternen 3 Kundenrezensionen. 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